18.08.2022, FA Andreas König
Die aktuelle Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, noch im Jahr 2022 die Arbeitszeiterfassung gesetzlich neu zu regeln.
Diese Vereinbarung folgt der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Umsetzung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14.05.2019 im Verfahren C 55/18 (spanische Gewerkschaft CCOO gegen Deutsche Bank SAE) wegen des Fehlens eines betriebsinternen Systems zur Erfassung der von den Arbeitnehmern dieses Unternehmens geleisteten täglichen Arbeitszeit.
In den Entscheidungsgründen führt der EuGH aus, dass die europäischen Richtlinien zur Arbeitszeit die Mitgliedsstaaten verpflichten nationale Regelungen zu schaffen mit der die Arbeitszeiten verbindlich und objektiv gemessen werden können.
Dabei soll die Arbeitszeiterfassung im Gesetz der jeweiligen Mitgliedstaaten konkret geregelt werden.
Zur Begründung führt der EuGH aus, dass sich die Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitgebern in einer schwächeren Position befänden und ohne eine objektive, überprüfbare Zeiterfassung ihre Rechte zur Einhaltung der Arbeitszeit und Bezahlung nicht wirksam gelten machen könnten. Daraus ergäbe sich eine Pflicht für die Arbeitszeiterfassung eine gesetzliche Regelung zu erlassen.
Zwar gibt es in Deutschland schon Vorschriften, u. a. im Nachweisgesetz, Arbeitszeitgesetz und im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz diese sind aber nicht konkret genug.
Konkrete Vereinbarungen zur Arbeitszeiterfassung finden sich daher bislang in der Regel nur in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen und nicht flächendeckend.
Bundesarbeitsminister Heil hat deshalb am 01.02.2022 bereits einen ersten Entwurf zur Änderung der Rechtsvorschriften zur Umsetzung der EuGH-Entscheidung vorgelegt, der zurzeit in den Fachausschüssen bearbeitet wird.
Was von diesem Entwurf „übrigbleibt“ und welche Änderungen noch einfließen wird sich in der für Oktober angekündigten Lesung im Bundestag erweisen. Da eine Verabschiedung noch in diesem Jahr erfolgen muss, ist zu hoffen, dass nicht mit der heißen Nadel das Gesetzgebungsverfahren erfolgt. Schließlich hatte der Gesetzgeber seit der EuGH-Entscheidung mehr als drei Jahre Zeit.
Was soll sich ändern?
Zum einen werden nunmehr alle Arbeits- und Dienstverhältnisse von der geringfügigen Beschäftigung bis zum Beamtenverhältnis von Arbeitszeiterfassung umfasst sein. Dies ist insbesondere in einer Zeit von Homeoffice und flexiblen Arbeitszeiten auch ein dringendes Erfordernis. Weiterhin wird voraussichtlich die Verpflichtung zur elektronischen Zeiterfassung festgelegt werden. Damit entfallen die in manchen Branchen (Baubranche) teilweise verwendeten Stundenzettel, die häufigen Manipulationen unterfallen, wie eine Vielzahl von Arbeitsrechtstreiten und Prüfungen der Krankenkassen belegen.
Weiterhin soll eine Vorlegungspflicht des Arbeitgebers normiert werden. Bislang war es für die Arbeitnehmer, auch bei eingerichteter Zeiterfassung nicht immer einfach diese in die Hand zu bekommen, insbesondere wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet war.
Schließlich sollen Verstöße gegen die Dokumentationspflicht des Arbeitgebers bußgeldbewehrt sein und möglicherweise auch für den Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers bei fehlender Dokumentation eine Beweislastumkehr.
Wichtig ist auch, dass die Zeiterfassungspflichten nicht nur für Unternehmen gelten, sondern auch im Öffentlichen Dienst und bei sämtlichen Behörden. Diese sind kraft Europarecht bereits jetzt zur Umsetzung der EuGH-Entscheidung verpflichtet und die Zeiterfassung erfolgt in den meisten Behörden und Ämtern bereits elektronisch. Nach der EuGH-Entscheidung müssen aber auch die bislang „befreiten“ Beamten des höheren Dienstes sowie Richter und Offiziere, wie alle anderen Beamten auch, unmittelbar, elektronisch und manipulationssicher mit ihren Dienstzeiten durch die Zeiterfassungssysteme erfasst werden.
Also nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die Behörden wird es eine Herausforderung die technischen Voraussetzungen für die Erfassung der Dienst-/ Arbeitszeiten im Homeoffice/bei flexibler Arbeitszeit und Vertrauensarbeit zu schaffen.
In Anbetracht der kurzen Frist zur Umsetzung der technischen Voraussetzungen wohl noch in diesem Kalenderjahr wird dies eine große Herausforderung für die IT-Dienstleister, aber auch die Betriebsparteien (Betriebs- und Personalräte) sein.
Sobald der Gesetzestext veröffentlich ist, wird eine unverzügliche Besprechung in diesem Blog erfolgen.
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